Angela Merkel hat Deutschland irreversibel verändert. Die Massenmigration brachte großes gesellschaftliches Zerstörungspotenzial. Was ihr Erbe uns abverlangt. Ein Gastbeitrag von Peter Panther.

Die Migrationswelle seit dem Sommer 2015 hat tiefe Spuren in der Gesellschaft hinterlassen. All die Meldungen über sexuelle Übergriffe verunsichern die Bürger. Berichte über Gewalttaten unter Migranten geben ihnen das Gefühl eines schleichenden Verlustes von Sicherheit und Ordnung. In Ostdeutschland empfinden nicht wenige bereits den Anblick von gelangweilt durch die Straßen ziehenden Männergruppen anderer Hautfarbe als potenzielle Bedrohung. Eine wachsende Mehrheit in der Bevölkerung (79 Prozent) sorgt sich um eine Überforderung des Sozialstaates und bezweifelt die Integrierbarkeit vor allem der vielen zum Teil gänzlich ungebildeten alleinstehenden jungen Männer. Kurz, das Verhältnis vieler Deutscher zu den Zugewanderten ist zwei Jahre danach alles andere als entspannt.

Da mit Ausnahme der CSU alle im Bundestag vertretenen Parteien sowie die FDP die unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten überaus fragwürdigen Umstände dieser Massenzuwanderung damals guthießen, ist die Verlockung groß, den Unmut der Bürger nun im Wahlkampf zu instrumentalisieren. Generell ist wenig dagegen einzuwenden, wenn Parteien die Fehler der anderen für den eigenen Vorteil nutzen wollen. In diesem Fall aber ist die Sache problematisch, denn die Willkommenskultur hat ein gesellschaftliches Konfliktpotenzial geschaffen, das der Politik eine besondere Verantwortung abverlangt.

Feindbilder und übersteigerte Verlustängste

An diese Verantwortung appellierte in der vergangenen Woche Thomas Castorp. Leider ist sein Beitrag „Der Migrant als Feind“ nicht selten falsch interpretiert worden. Erschreckend deutlich zeigten die Reaktionen, wie die mit einer unredlichen Instrumentalisierung der Zuwanderungsproblematik durch einzelne Politiker und durch gezielte Internetpropaganda ausgebrachte Saat der Feindschaft bereits aufkeimt. So wurde ihm wiederholt unterstellt, bestehende Missstände kleinzureden, Straftaten zu bagatellisieren oder Zugewanderte gegen Vorwürfe in Schutz zu nehmen zu wollen.

Das ist Unsinn. Vielmehr wollte er allein die Verantwortung auch jener Politiker im Umgang mit dem Thema deutlich machen, die sich von Anfang offen gegen diese Form der Zuwanderung ausgesprochen haben.

Denn auch wer für die Entstehung der Zustände selbst keine Verantwortung trägt, ist in einem demokratischen Rechtsstaat in der Pflicht, an politischen Lösungen zu arbeiten, die bestehende Missstände beseitigen, ohne den gesellschaftlichen Frieden weiter zu gefährden. Oder anders ausgedrückt, in einem Rechtsstaat sollte es zum Selbstverständnis aller demokratischen Politiker und Organisationen gehören, alles zu unterlassen, was Menschen gegeneinander aufhetzt. Leider verstößt nicht nur die rechtsextreme NPD immer wieder gegen diesen Grundsatz.

Parolen wie „Wir wollen unser Land zurück“ zielen auf eine verunsicherte gesellschaftliche Psyche und schüren auf perfide Art und Weise Feindbilder und übersteigerte Verlustängste. Inzwischen wird diese emotionalisierende Katastrophen-Propaganda durch zahllose Internetseiten zusätzlich verstärkt.

Irreale Vorstellungen

Und die Wirkung dessen, was so auf den Bürger einstürzt, ist denn auch tatsächlich katastrophal, weil es die gesamte Zuwanderungsproblematik jeder rationalen Betrachtung und Analyse entzieht. In dieser propagandistisch verstellten Sicht gibt es nur noch die „Eindringlinge“ und die Bedrohten. Und die einzig zulässige Lösung für das Land ist, dass die Eindringlinge wieder gehen und so die Bedrohten erlösen. Zugleich lebt diese Propaganda von der Vorstellung und Verheißung, dass es möglich sei, den Zustand von vor 2015 wiederherzustellen.

Wer den Menschen so etwas vorgaukelt, der handelt ebenso verantwortungslos wie jene, die im Sommer 2015 die Grenzen für alle öffneten. Unter allen politischen Alternativen, die Deutschlands Zukunft bereithält, fehlt die Möglichkeit der Rückkehr in die Vergangenheit. Die Vorstellung, dass all diese Menschen, die im Sommer 2015 gekommen sind, das Land wieder verlassen werden oder zum Verlassen gezwungen werden können, ist schlicht irreal. Dieser Wahrheit muss sich jeder Bürger und jeder anständige Politiker stellen.

Die Regierung von Angela Merkel hat einen Zustand herbeigeführt, der Deutschland dauerhaft verändert. Sicherlich werden in den kommenden Jahren Migranten freiwillig in ihre Heimatländer zurückkehren, andere wird der Staat nach geltendem Recht abschieben. Aber ein Teil wird bleiben. Das sind solche, denen das Recht auf Asyl zugesprochen wurde und solche, deren Heimatländer heilfroh sind, sie endlich losgeworden zu sein.

Bleiben werden also Menschen, die sich integrieren wollen und andere, die sich damit schwertun oder es grundsätzlich ablehnen. Und bleiben werden auch jene, die einen blutigen terroristischen Feldzug gegen die westliche Zivilisation führen. Als Angela Merkel die Grenzen öffnete, lud sie ihrem Land und seinen Bürgern wissentlich und unter Missachtung aller demokratischen Gesetze eine schwere Bürde auf. Diese Last abzuarbeiten, ohne den gesellschaftlichen Frieden zu gefährden, wird die Aufgabe künftiger Regierungen sein.

Was wirklich zum Fürchten ist

Mit einer zutiefst verunsicherten und von Angst geleiteten Bevölkerung dürfte eine solche ausgleichende Politik allerdings kaum möglich sein. Denn Angst schwächt das Selbstbewusstsein und begünstigt die Neigung, sich auf Scharlatane einzulassen. Außerdem macht Angst den vermeintlichen Gegner stärker als er in Wahrheit ist. In Deutschland leben 83 Millionen Menschen, 18,6 Millionen haben einen Migrationshintergrund, wie es so schön heißt. Rund fünf Millionen davon sind Muslime. Die allermeisten von ihnen leben seit Jahrzehnten hier. Sie sind längst ein fester Bestandteil dieses Landes. Mal ganz ehrlich: Ist dieses Verhältnis wirklich ein Grund zum Fürchten?

Fürchten müssen sich die Menschen vor etwas ganz anderem. Noch ist Deutschland eines der liberalsten Länder der Welt. Es besitzt starkes wirtschaftliches Potenzial. Aber es leidet seit Jahrzehnten unter einer falschen Politik, die der Mittelschicht und den Geringverdienern hohe Wohlstandsverluste abverlangt und mit den Migranten zusätzlichen Druck auf die Löhne ausübt. Zusammen mit den sozialen Kosten der Migration birgt diese Politik erhebliches Zerstörungspotenzial. Darum, und weil sie sukzessive die Meinungsfreiheit abschafft und so die Demokratie ihrer Revitalisierungskräfte beraubt, muss sie gestoppt werden.

Das gelingt aber nicht, indem ein Teil der Bevölkerung gegen den anderen in Stellung gebracht wird. Wer das tut, befeuert wissentlich einen zerstörerischer innergesellschaftlicher Konflikt. Eine Wende hin zum Besseren kann nur dann gelingen, wenn der gesellschaftliche Friede gewahrt wird und das Land mit vereinten Kräften zur sozialen Marktwirtschaft zurückkehrt.

Dazu aber braucht es eine Politik der Verständigung, eine Politik, die Deutsche und Zuwanderer zusammenbringt, damit sie gemeinsam für den Erhalt und den Ausbau der Lebensqualität kämpfen. Das ist eine schwierig Aufgabe, die nicht nur den Deutschen einiges abverlangt, sondern vor allem hohe Leistungs- und Integrationsanforderungen an die im Land bleibenden Zuwanderer stellen muss. Dazu braucht es Einigkeit statt Zwietracht in der Gesellschaft, Miteinander statt Gegeneinander. Und es braucht Politiker, die sich dieser Aufgabe stellen, keine Maulhelden.

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